Angetrieben von der Diskussion über Cryptowährung und das Schürfen nach ihr (Mining) habe ich mir ein eigenes RIG zum Schürfen einer relativ neuen Währung gebaut: Ethereum. Ziel des Experiments ist es, herauszufinden ob man wirklich mit dem Schürfen von Cryptowährungen echtes Geld verdienen kann.
Update(s)
9.7.2017: Teil über Software, Übertaktung und Lautstärke eingefügt, Stromaufnahme korrigiert
11.7.2017: Teil über Endgeschwindigkeit eingefügt
15.7.2017: Teil: "Optimieren, ...", "Der Kurs ist im Keller" und "Fazit I" eingefügt
16.7.2017: Teil: "Magrathea" hinzugefügt
Aufbau
Das RIG1 besteht aus diesen Komponenten:
Count | Item | Price | |
1 | 1200 Watt Power Supply | 313,00 € | |
1 | Asus Z170 Pro Mainboard Sockel 1151 (ATX, Intel Z170, 4x DIMM, 6x SATA 6Gb/s, 1x SATA Express, M.2 Schnittstelle) | 151,00 € | |
1 | Pention G4400 1151 Socket | 54,00 € | |
1 | Corsair RAM 16 GB | 145,00 € | |
6 | Asus Turbo-GTX1060-6G Gaming Nvidia | 274,00 € | 1.644,00 € |
1 | USB Riser Cables (6 pack) | 96,00 € | |
1 | 120 GB SSD | 53,00 € | |
1 | OMAR Ikea Regal | 29,00 € | |
1 | Windows 10 | 120,00 € | |
diverse Kleinteile | 30,00 € | ||
2.635,00 € |
Die Preise sind Stand Ende Juni 2017. Jetzt (Anfang Juli 2017) bekommt man zum Beispiel die Grafikkarten nur noch zu einem erheblich höheren Preis. Das Gleiche gilt auch für große Netzteile.
Software
Auf dem RIG1 läuft ein Windows 10 Home und die Mining Software. Dazu wird der aktuellste NVIDIA Treiber für die GTX 1060 Karten benötigt und, ganz wichtig: Ein GPU Tweak Tool mit dem man die Taktraten der Grafikkarten (GPU und Memory) erhöhen kann.
Übertaktung
Die gewählten Grafikkarten ASUS Turbo GTX 1060 sind übertaktungssicher. Der Herstellungsprozess bei ASUS ist vollständig maschinell und spart auch den Flux Einbrenn-Schritt aus. Dadurch sichert er einen Übertaktungsspielraum der von Karte zu Karte nahezu gleich ist. Daher konnte ich alle 6 Karten auf einen höheren GPU Takt bringen und die maximale Memory Datenrate von 10.000 MHz einstellen. Erst mit diesen Einstellungen und der aktuellsten Mining Software erreicht man die Maximale Hashzahl von 150 MH/s für das RIG1.
Amortisation
Allein der Anschaffungspreis muss durch das Schürfen der Cryptowährung Ethereum erstmal wieder herein kommen. Dabei muss man beachten, dass das Ethereum einem stark schwankenden Euro-Wechselkurs unterleigt. Und man muss einberechnen, das man für das Schürfen von Ethereum natürlich auch den Strom bezahlen muss.
Strom
Dieses RIG1 hat eine Stromaufnahme von 800 Watt (gemessen). Das ist ziemlich wenig, verglichen mit Rigs die mit Radeon Grafikkarten bestückt sind. Die GTX 1060 Grafikarten nehmen maximal 120 Watt auf, bräuchten sie mehr, würden sie ihre Leistung drosseln. Bei der aktuellen Übertaktung sind es zur Zeit 115 Watt / Karte. Der Rest der Anlage ist bei der Stromaufnahme eher zurückhaltend. Insgesamt kostet der Strom für einen Monat Betrieb dieses Rigs bei meinem ÖkoStrom-Anbieter: 163 Euro.
Erstes Ergebnis (7.7.2017)
Achtung: Am 7.7.2017 war das RIG1 noch nicht übertaktet!
Das RIG1 lief nun 24 Stunden mit einer Unterbrechung von zwei Stunden (Energiesparmodus wurde aktiviert). Es arbeitet für einen Mining-Pool bei dem man für jede abgelieferte Arbeit bezahlt wird. Es erzeugt also eher indirekt Ethereum. Der Mining-Pool hat prognostiziert, dass es aufgrund der aktuellen Laufzeit und Vergangenheit 1,2 Ethereum pro Monat erwirtschaften wird. Dieser Wert erhöht sich aber noch jede Stunde, da der Messzeitraum wohl zu kurz für eine korrekte Prognose ist.
Bei einem aktuellen Wechselkurs von 214 Euro / ETH und abzüglich der Stromkosten hätte sich das RIG1 mit seiner aktuellen Prognose noch nicht einmal nach einem Jahr amortisiert. (Stand: 7.7.2017 / 17:00 Uhr)
Der Hash-Raten-Verlauf für das RIG1 sah die ersten 24 Stunden so aus:
Wärme
Ein wichtiger Punkt beim Mining ist auch die Wärmeentwicklung. Da das RIG1 800 Watt aufnimmt, gibt es auch viel Energie als Wärme ab. In dem Raum, in dem es betrieben wird, braucht man im Winter keine weitere Heizung. Das RIG1 kann man als einen permanent eingeschalteten Heizlüfter betrachten.
Die Temperatur-Messwerte wurden mit einem Infrarot/Wärmestrahlungs-Messgerät gemessen. Jede einzelne Grafikkarte des RIG1 gibt also permanent 38 Grad Celsius warme Luft nach oben ab. Summiert entspricht das einem normalen Heizkörper der auf höherer Stufe eingestellt ist.
Geräuschpegel (dB)
Da die einzelnen Grafikkarten-Lüfter plus der Lüfter der CPU und der Netzteillüfter ein Geräusch produzieren, ist dieser Messwert relevant wenn man so ein Rig in seiner Wohnung betreiben möchte. Das RIG1 produziert, gemessen in einem Meter Abstand einen Geräuschpegel von ca. 43 dB (zusammen mit dem allgemeinem Umgebungsgeräusch durch das offene Fenster). Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Heimkino-Beamer erzeugt einen Geräuschpegel von 32 dB. Die Hörschwelle liegt bei ca. 25 dB. 6 dB bedeuten: eine Verdopplung des Geräuschpegels. Also: Das RIG1 ist nicht laut aber auch nicht besonders leise.
Endgeschwindigkeit
Ein Maß beim Ethereum Schürfen ist die sogenannte Hashrate pro Sekunde. Das sind die Anzahl Hashwerte, die ein Rig pro Sekunde berechnen kann. Je höher dieser Wert ist, desto mehr Geld bekommt man von einem Mining Pool. In den ersten 24 Stunden meines RIG1 war noch nichts optimiert. Das RIG1 hat eine Hashrate von ca. 120 Mega Hashes/Sekunde erziehlt.
Viel bedeutender ist aber die Anzahl Shares, die ein Rig beim Pool abliefert. Ein Share ist der Anteil an einem Gesamtergebnis, das im Pool entsteht. In den ersten 24 Stunden waren das ca 110 Shares pro 10 Minuten. Kommt ein berechnetes Share zu spät am Pool an, dann ist es ein stale share und für dieses gibt es nur ca. die Hälfte an Ethereum. Zu Beginn hatte mein RIG1 15% stale shares. Hier wird deutlich, dass man eigentlich seine Rechenleistung verkauft und dafür Ethereum bekommt. Man berechnet aber nicht zwangsläufig neues Ethereum sondern bestenfalls nur Teile davon.
Nach einem weiteren Optimierungsschritt sehen die Werte des RIG1 wie folgt aus:
Die aktuelle effektive Hashrate ist bei ca 155 MH/s. Die mittlere Share-Anzahl pro 10 Minuten ist 126 plus 8 stale shares.
Das habe ich durch gnadenloses Overclocking der Grafikkarten erreicht und dadurch, dass ich jetzt die Rechenergebnisse bei einem Server in Deutschland abliefere und der Netzwerk-Weg dahin kürzer ist als nach Frankreich, was vorher heingestellt war.
Aber diese Optimierung führte immer wieder nach ein paar Stunden zum Stillstand der Mining-Software. Denn auch diese Software ist fehlerbehaftet, wie jede Software. Das ist in der Comunity auch gut bekannt und vielleicht wird an dem Problem auch gearbeitet. Ich habe keine Version der Software gefunden, die den Fehler nicht gezeigt hat. Also musste ich mir Scripte schreiben, die das Logfile des Miners analysieren. Wenn dort der text "Error" auftaucht, dann wird das gesamte Rig rebootet. Das dauert nur 3 Minuten und dann geht es mit Endgeschwindigkeit weiter.
Optimieren, Optimieren, Optimieren...
Hashrate ist nicht alles, es geht auch um den Stromverbraucht. Mit meiner letzten Optimierung bekomme ich zwar die höchsten Hashraten aus der Hardware gekitzelt, aber das RIG1 verbraucht auch 800 Watt. Die Frage war nun: um wieviel geringere Hashraten bekommt man bei signifikant weniger Stromverbrauch?
Um das zu ermitteln habe ich bei zwei weiteren Tests die Karten nur in einem Punkt getweakt: Dem maximalen Stromverbrauch und somit dem des gesamten RIG1.
Pro Rig | ||
Watt | effect. Hashrate | Gewinn |
800 | 154 | 73,59 € |
680 | 152 | 97,68 € |
605 | 142 | 101,73 € |
Man kann leicht erkennen: bei sinkendem Stromverbrauch und somit gedrosselter GPU Leistung sinkt auch die Hashrate aber der Gewinn nach Abzug der Stromkosten steigt. Diese Tabelle ist auf Basis des aktuellen ETH/EUR Kurses von 165 EUR (15.07.2017).
Natürlich entschied ich mich für den geringsten Stromverbrauch und den höchsten Gewinn und lies das RIG1 fast 24 Stunden durchlaufen. Dabei entstanden die folgenden Leistungsdaten:
Man kann fast keinen Unterschied zu den Leistungsdaten der Variante mit 800 Watt Stromverbrauch (siehe weiter oben) erkennen.
Der ETH Kurs ist im Keller (15.7.2017, 8:09 h, EUR/ETH=164 Euro)
Der Kurs des Ethereum ist in den letzten Tagen tendenziell stetig gefallen. Aktuell liegt er bei 164 EUR/ETH. Macht Ethereum schürfen da noch Sinn? Benutzt man meine 600 Watt Konfiguration und die daraus resultierenden Leistungsdaten des RIG1 kann man verschiedene Amortisations-Szenarien für unterschiedliche ETH/EUR Kurse berechnen:
Es wird deutlich, dass sich, bei einem Kurs unterhalb von 220 EUR / ETH das RIG1 noch nicht einmal in einem Jahr amortisiert hat. Erst danach wirft es monatlich einen Gewinn ab.
Dazu möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass ich die Grafikkarten sehr günstig gekauft habe. Aktuell kosten sie ungefähr das Doppelte dessen, was ich bezahlt habe, also wird die Amortisation eines jetzt aufgebauten Rigs auch doppelt so lange dauern.
Bei dem aktuellen Kurs von 165 EUR/ETH beläuft sich der Gewinn (nach Abzug seiner Stromkosten) des RIG1 auf 115 Euro. Also würde es nicht nur seine eigenen Stromkosten bezahlen sondern auch etwas mehr als die Stromkosten für meine Wohnung. Mehr aber auch nicht.
Vor ein paar Wochen war der Kurs auf ca 340 EUR/ETH. Zu dem Zeitpunkt hätte das RIG1 monatlich 350 EUR Gewinn abgeworfen.
Fazit I
Lohnt sich also das Schürfen nach Ethereum?
Über die Antwort auf diese Frage habe ich lange nachgedacht. Immer wieder kam mir in den Sinn, dass der Kurs ja auch wieder steigen könnte. Aber dann fiel mir ein: Der Kurs ist nicht durch die Miner auf der ganzen Welt bestimmt oder getragen sondern durch die Spekulanten, die täglich mit Ethereum handeln.
Für mein RIG1 und mein Gefühl würde ich einen EUR/ETH Kurs von 260 EUR als Untergrenze definieren. Mit diesem Kurs ist das RIG1 nach 8 Monaten bezahlt und ab dann wirft es 250 EUR netto ab.
Wer auf einen steigenden EUR/ETH Kurs spekuliert, der kann sein Rig einfach laufen lassen und Ethereum ansammeln um es später, bei einem guten Kurs zu verkaufen. Aber Achtung! Das machen alle anderen auch. Der Kurs kann sofort wieder fallen wenn viele Miner diese Strategie verfolgen.
Tatsächlich ist aus meiner Sicht das Schürfen nach Ethereum genauso spekulativ wie das Handeln mit, mir unbekannten Wertpapieren an der Börse. Der einzige Unterschied ist: Ich kann mein RIG1 optimieren und habe so einen Einfluss auf die Effektivität des Schürfens. Ob ich aber tatsächlich Geld verdiene hängt nicht von mir ab, sondern alleine von den Ethereum Spekulanten.
Ich würde übrigens jetzt weit mehr verdienen, wenn ich meine 6 Grafikkarten morgen zum doppelten Wert verkaufe: ca. 1600 EUR. Diesen Gewinn würde ich mit dem aktuellen Wechselkurs und meinem RIG1 erst nach ca. 3 Jahren erwirtschaftet haben. In dieser Zeit habe ich aber ca. 16000 kWh an Strom verbraucht und dadurch die Umwelt belastet. Ist es das Wert?
Magrathea
Magrathea war eine Fabrik für Planeten für Superreiche im Roman "Per Anhalter durch die Galaxis". Die Fabrik hat die Arbeit aber eingestellt, als sich keiner mehr ihre Dienste Leisten konnte. Sollte die Wirtrschaft der Galaxis sich allerdings erholen, so würden sie wieder reaktiviert werden.
Genau diese Idee habe ich auf mein RIG1 übertragen: Der EUR/ETH Kurs ist heute auf so niedrigen Niveau gefallen, dass das Schürfen nach Ethereum noch nicht einmal mehr die Stromkosten tragen würde. Also habe ich ein Skript gemacht, dass den Miner erst dann wieder aktiviert, wenn der Kurs über 180 EUR/ETH liegt und das Mining wieder deaktiviert, wenn der Kurs unter 140 EUR/ETH fällt.
Anfang 2018:
Die Grafikkarten habe ich wieder verkauft - das Rig1: Es existiert nicht mehr.
Sehr guter Artikel über BitCoin als Scam:
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